Schweizer Bauratgeber für Bauherren und Hausbesitzer

Unseriöse Handwerkerangebote

Schon seit längerer Zeit will Frau Ziegler die stark vermoosten Dachziegel reinigen lassen. Rein zufällig klingelt es eines Tages an der Türe. Ein Handwerker lockt mit einem unschlagbar günstigen Angebot für die Dachreinigung und bietet an, gleichzeitig noch die Dachuntersichten aufzufrischen. Das kommt Frau Ziegler sehr gelegen. Aber Achtung: Bei solchen Angeboten ist Vorsicht geboten.

Jonas Koller, MLaw, ist Rechtsanwalt und Notar in Zug.
Jonas Koller, MLaw, ist Rechtsanwalt und Notar in Zug.
Unseriöse Handwerker halten Ausschau nach alten, verschmutzten Hausdächern und bieten dann betrügerische Dienste an.
Unseriöse Handwerker halten Ausschau nach alten, verschmutzten Hausdächern und bieten dann betrügerische Dienste an.

Die Gefahr ist gross, dass es sich um einen unseriösen Anbieter handelt, der weder Qualität bietet noch rechtliche Standards einhält. Es ist deshalb ratsam, sich jeweils noch vor Auftragsvergabe über den Anbieter zu informieren. So kommt es vor, dass der unseriöse Handwerker eine Offerte macht, sämtliche anstehenden Arbeiten für pauschal nur 1000 Franken zu erledigen. Nach einem Tag Arbeit stellt er dann 750 Franken in Rechnung, die sofort zu bezahlen sind. Von der versprochenen Arbeit wurde aber nur ein Viertel ausgeführt. Nach einigem Hin und Her einigt man sich dann mit dem Handwerker auf die Bezahlung von 250 Franken. Die versprochene Leistung bleibt in der Folge aber aus. Im Nachhinein ärgert man sich, dass man auf das vermeintlich günstige Angebot hereingefallen ist.

Solche Laufbetriebe schaden seriösen Unternehmen. Diese können in der Regel keine Dumpingpreise anbieten, da sie die Löhne offiziell abrechnen und deshalb Abgaben an Arbeitslosenversicherung, Pensionskasse und AHV entrichten müssen. Oftmals missachten die unseriösen Handwerker auch Umweltgesetze und setzen beispielsweise Reinigungsmittel ein, welche in der Schweiz gar nicht zugelassen sind.

Firma existiert nicht
Will man als unzufriedener Liegenschaftsbesitzer in der Folge beim Beauftragten reklamieren, muss man feststellen, dass diese «Firmen» nicht oder nicht mehr auffindbar sind. Grundsätzlich stellen die vorerwähnten Arbeiten allesamt Werkverträge im Sinne der Artikel 363 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) dar. Der Liegenschaftsbesitzer muss deshalb die ausgeführten Arbeiten überprüfen und dem Handwerker sofort mitteilen, wenn er mit etwas nicht zufrieden ist. Er hat sodann das Recht, vom Handwerker die unentgeltliche Nachbesserung zu verlangen oder vom vereinbarten Werklohn einen Preisabschlag zu machen. In extremen Fällen darf der Liegenschaftsbesitzer sogar vom Vertrag zurücktreten und muss den vereinbarten Preis nicht bezahlen.

Mangelrecht nicht durchsetzbar

Diese Rechte nützen logischerweise nur etwas, wenn man sie gegen den beauftragten Handwerker auch durchsetzen kann. Seriösen Unternehmen sind die geschilderten Mängelrechte im Detail bekannt. Ist der unseriöse Handwerker aber nach vermeintlich getaner Arbeit spurlos verschwunden, wird man die erwähnten Rechte nicht mehr ausüben können. Man bleibt auf dem schlechten Arbeitsresultat sitzen. Wurde dem unseriösen Handwerker der Werklohn bereits bezahlt, ist dies umso ärgerlicher.

Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften
Was kann man tun, wenn man dem unseriösen Handwerker den Auftrag bereits erteilt hat, in der Zwischenzeit aber zur Erkenntnis gelangte, dass das vermeintlich günstige Angebot höchstwahrscheinlich unseriös war? Wer eine Offerte angenommen hat, ist im Grundsatz daran gebunden. Bei Haustürgeschäften oder ähnlichen Verträgen sieht das Schweizerische Obligationenrecht (OR) aber eine Ausnahme vor. In solchen Fällen besteht ein Widerrufsrecht. Der Widerruf muss innerhalb von 14 Tagen seit Annahme der Offerte erklärt werden. Er ist dabei an keine Formvorschrift gebunden und kann deshalb auch mündlich erklärt werden. Aus beweistechnischen Gründen empfiehlt es sich jedoch, den Widerruf schriftlich (beispielsweise per E-Mail) zu erklären. Der an der Haustüre offerierende Handwerker wäre eigentlich verpflichtet, den Liegenschaftsbesitzer über das im Gesetz verankerte Widerrufsrecht aufzuklären. Ob die Offerierenden von dieser Pflicht überhaupt wissen, ist fraglich.

Mit der Beachtung der nachfolgenden Empfehlungen können Sie sich einigen Ärger ersparen:

  • Schliessen Sie grundsätzlich keine Geschäfte an der Haustüre ab.
  • Lassen Sie niemand ins Haus, den Sie nicht kennen.
  • Verlangen Sie immer eine schriftliche Offerte.
  • Werden Sie stutzig bei unüblich tiefen Preisen.
  • Recherchieren Sie im Internet oder fragen Sie bei den zuständigen Berufsverbänden nach.
  • Bezahlen Sie erst im Nachhinein, wenn sämtliche Aufgaben zufriedenstellend erledigt wurden.
  • Falls Sie bar bezahlen, lassen Sie sich den Erhalt schriftlich quittieren.

Unseriöse Handwerker haben vor allem im Sommer Hochsaison. Sie schlendern durch die Quartiere und unterbreiten typische Angebote wie die Renovation von Fassaden oder Fensterläden oder die Reinigung des Daches. Opfer der vermeintlich günstigen Angebote sind meist ältere Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzer.

Der Rat des Juristen
Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Prüfen Sie das Angebot in aller Ruhe und verlangen Sie eine Vergleichsofferte von einem bekannten, seriösen Handwerker-Unternehmen.

Anwaltskanzlei + Notariat
Weber Kamer
6302 Zug

aus: Das Einfamilienhaus, Heft 1/2022

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