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Nicht zufrieden mit den Renovationsarbeiten

Renovierungsarbeiten am eigenen Haus sind mehr als blosse Investitionen. In den eigenen vier Wänden will man sich wohlfühlen. Umso grösser ist der Frust, wenn Renovationsarbeiten nicht zufriedenstellend ausgeführt werden. Was kann dann unternommen werden?

Prüfen und rügen: Kommt es bei Renovierungen zu Werkmängel, müssen sie dem Unternehmer innerhalb weniger Tage gemeldet werden.
Prüfen und rügen: Kommt es bei Renovierungen zu Werkmängel, müssen sie dem Unternehmer innerhalb weniger Tage gemeldet werden.
Davina Stalder, MLaw, ist Rechtsanwältin und Notarin in Zug.
Davina Stalder, MLaw, ist Rechtsanwältin und Notarin in Zug.

Renovationsarbeiten unterstehen dem Werkvertragsrecht nach Art. 363 ff. OR. Wurden die Renovationsarbeiten durch den Unternehmer nicht so ausgeführt, wie es mit dem Besteller vereinbart wurde, oder weist das Werk an sich Fehler auf, liegt ein sogenannter Werkmangel vor. Dabei ist zwischen offenen und versteckten Werkmängeln zu unterscheiden. Ein offener Werkmangel kann z.B. bei der Renovation der Küche darin bestehen, dass die neue Arbeitsplatte auf der Kochinsel bereits bei der Werk-abnahme einen grossen, offensichtlichen Spalt aufweist. Ein versteckter Mangel wäre hingegen gegeben, wenn die Arbeitsplatte bei der Werkabnahme keinen ersichtlichen Schaden aufweist und der Mangel erst später zum Vorschein kommt, zum Beispiel wenn sich die Arbeitsplatte auf der Kochinsel erst beim Gebrauch des Kochherdes durch die Hitze spaltet.

Prüfen und rügen
Wichtig ist, dass das Werk und dessen Beschaffenheit nach der Werkablieferung umgehend geprüft und allfällige Werkmängel dem Unternehmer gegenüber sofort, das heisst innert wenigen Tagen, gerügt werden. Andernfalls gilt das Werk als genehmigt und der Besteller wird von seiner Haftpflicht befreit (Art. 370 OR). Bei offenen Mängeln hat die Mängelrüge demnach unverzüglich nach Abschluss der Werkprüfung zu erfolgen. Bei versteckten Mängeln hingegen, welche erst zu einem späteren Zeitpunkt ersichtlich werden, muss unverzüglich nach der Entdeckung des Mangels gerügt werden. (Gemäss einer geplanten Gesetzesrevision soll die Rügefrist jedoch sowohl für offene als auch versteckte Mängel am unbeweglichen Werk auf 60 Tage erweitert werden.)

In jedem Fall sind die Mängel substantiiert geltend zu machen und der Unternehmer ist auf seine Haftung hinzuweisen. Obwohl die Mängelrüge grundsätzlich formfrei erfolgen kann, empfiehlt sich aus Beweisgründen auf jeden Fall eine schriftliche Mängelrüge. Nach erfolgloser Mängelrüge stehen dem Besteller alternativ drei Mängelrechte zur Verfügung, welche jeweils an verschiedene Voraussetzungen geknüpft sind:

Das Wandelungsrecht (Art. 368 Abs. 1 OR) Wird das Werk aufgrund des Mangels für den Besteller unbrauchbar oder kann die Werkannahme dem Besteller aufgrund des Mangels billigerweise nicht zugemutet werden, so darf der Besteller die Annahme des Werkes verweigern. Die Ausübung des Wandelungsrechts hat die Aufhebung des Werkvertrages zur Folge und führt zur Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses. Demnach hat der Besteller Anspruch auf Rückzahlung der allfällig bereits geleisteten Vergütung und der Unternehmer hat Anspruch auf die Rückübereignung des Werkes. Wurde das Werk auf Grund und Boden des Bestellers errichtet und würde die Entfernung des Werkes unverhältnismässige Nachteile verursachen, kann das Wandelungsrecht allerdings nicht ausgeübt werden (Art. 368 Abs. 3 OR). Das Wandelungsrecht kommt ausschliesslich bei erheblichen Mängeln zur Anwendung, wenn eine Nachbesserung unmöglich ist.

Das Minderungsrecht (Art. 368 Abs. 2 OR) Für minder schwere Mängel, welche zu einem Minderwert des Werkes führen, sieht das Gesetz einen dem Minderwert des Werkes entsprechenden Preisnachlass vor.

Das Nachbesserungsrecht (Art. 368 Abs. 2 OR) Anstelle des Minderungsrechts kann der Besteller vom Unternehmer beim Vorliegen von minder schweren Mängeln die unentgeltliche Nachbesserung fordern. Vorausgesetzt, die unentgeltliche Nachbesserung verursacht dem Unternehmer nicht übermässige Kosten und die Mängelbeseitigung ist objektiv möglich. Hierzu sind insbesondere die Kosten der Nachbesserung gegen den damit erreichbaren Nutzen abzuwägen.

Dem Unternehmer ist für die Nachbesserung eine angemessene Frist anzusetzen. Erbringt der Unternehmer seine Leistung nicht innert Frist, ist er mittels erneutem Schreiben unter Ansetzung einer angemessenen Nachfrist zu mahnen. Versäumt der Unternehmer auch die Nachfrist, empfiehlt es sich, für das weitere Vorgehen auf jeden Fall einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen. Die Möglichkeiten der Ersatzvornahme durch einen Dritten auf Kosten des Unternehmers (Art. 366 Abs. 2 OR analog), oder die Rechte infolge Schuldnerverzugs nach Art. 107 Abs. 2 OR (z.B. Vertragsrücktritt) führen zu diversen Rechtsfolgen, welche es einzelfallbezogen gegeneinander abzuwägen gilt.

Sollte der Besteller dem Unternehmer im Zeitpunkt des Auftretens des Mangels noch keinen oder nicht den gesamten Werklohn bezahlt haben, steht es dem Besteller ferner frei, mittels der sogenannten «Einrede des nicht erfüllten Vertrags» seine Mängelrechte geltend zu machen und zugleich den noch ausstehenden Werk-lohn zurückzubehalten (vgl. Art. 82 OR).

Verjährungsfristen
Die Mängelrechte verjähren bei beweglichen Werken mit Ablauf von zwei und bei unbeweglichen Werken mit Ablauf von fünf Jahren seit der Werkabnahme (Art. 371 OR).

Nebst den oben aufgeführten Mängelrechten kann der Besteller kumulativ den sogenannten ‚Ersatz des Mangelfolgeschadens‘ fordern, sofern der Mangel dem Besteller einen Schaden verursacht hat, welcher vom Unternehmer verschuldet wurde.

Von den obligationenrechtlichen Mängelrechten sind die von den Parteien für anwendbar erklärbaren SIA-Normen zu unterscheiden. Haben die Parteien die SIA-Normen für anwendbar erklärt, gehen diese Normen den obligationenrechtlichen Regelungen vor.

Weber Kamer
Anwaltskanzlei + Notariat
6302 Zug

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Das Einfamilienhaus, Ausgabe 4/2021

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