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Per Mausklick zur Hypothek?

Per Mausklick zur Hypothek zu gelangen, ist nicht bloss eine Zukunftsvision, sondern schon heute Realität. Tatsache ist aber auch: Online-Hypothek ist nicht gleich Online-Hypothek. Je nach Bank oder Vermittlungsplattform gibt es grosse Unterschiede. Experten sind überzeugt: Für eine individuelle Betreuung und für komplexere Fälle führt auch in Zukunft kein Weg an einer persönlichen Beratung vorbei.

Wer eine Hypothek braucht, kann bei einer seriösen Bank online einen Vertrag abschliessen und sollte aber auf eine fundierte Beratung nicht verzichten.
Wer eine Hypothek braucht, kann bei einer seriösen Bank online einen Vertrag abschliessen und sollte aber auf eine fundierte Beratung nicht verzichten.

Die Finanzierung der eigenen vier Wände oder eines Umbauprojekts lief lange Zeit nach einem fixen Schema ab: Der Kunde stellt sein Dossier zusammen, meist hat er ganz bestimmte Vorstellungen von seinem «Traumhaus». Oder er legt gleich eine erste Ideenskizze zu einem Bauprojekt vor. Es folgen persönliche Gespräche bei einer Bank – gemeinsam stecken der Kunde und der Kreditgeber den Rahmen ab: Wie hoch ist der Kreditbedarf? Was kann oder will sich der Kunde leisten? Dabei ist es gar nicht so selten, dass zwischen dem Antragsteller einer Hypothek und dem Berater der Bank schon länger ein persönlicher Kontakt besteht.

«Wer zum ersten Mal Wohneigentum erwirbt, wird die Finanzierung wohl auch in Zukunft kaum an einem Sonntagnachmittag über den Computer oder das Smartphone von zuhause aus unter Dach und Fach bringen.»  Professor Andreas Dietrich, Leiter Finanzinstitut IFZ an der Hochschule Luzern.
«Wer zum ersten Mal Wohneigentum erwirbt, wird die Finanzierung wohl auch in Zukunft kaum an einem Sonntagnachmittag über den Computer oder das Smartphone von zuhause aus unter Dach und Fach bringen.»

Professor Andreas Dietrich, Leiter Finanzinstitut IFZ an der Hochschule Luzern.

Die Banken von morgen
Wenn wir den Promotoren der Digitalisierung glauben, ist die Finanzwelt von morgen kaum noch wiederzuerkennen: Kunden informieren sich von zuhause aus – am Tablet oder mit dem Smartphone. Sie vergleichen die Hypothekarangebote im Internet und bringen den Kreditvertrag im
Idealfall sogar über diesen Kanal unter Dach und Fach. Tatsächlich ist im Markt eine grosse Dynamik sichtbar. Verschiedenste Player eröffnen Online-Portale, Vermittlungsdienste und wohl fast jede Bank führt in irgendeiner Form eine Online-Hypothek im Angebot. Trotzdem bewegt sich der Marktanteil gemessen am gesamten Bestand an Hypotheken immer noch im tiefen Prozentbereich. Das sagt Professor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern: «Gemäss unseren Zahlen betrug der Marktanteil der Online-Hypotheken im Jahr 2019 rund 3,1 Prozent. Das entspricht einem Volumen von fünf Milliarden Franken.» Andreas Dietrich leitet an der Hochschule das Finanzinstitut IFZ und publiziert regelmässig zum Retailmarkt und Digital Banking.

Der Experte stellt die Prognose auf, dass dies für komplexe Fragen rund um die Finanzierung von Wohneigentum auch in fünf oder zehn Jahren nicht völlig anders aussehen wird. Für Erstfinanzierungen bzw. Beratungen rechnet er weiter mit einem geringen Anteil der Online-Abschlüsse. «Etwas anders sieht es aus, wenn wir uns die Verlängerung von Hypotheken anschauen», erläutert Andreas Dietrich. Denn für standardisierte Fälle und vor allem für risikoarme Kredite wird der Online-Kanal gewisse Vorzüge noch mehr ausspielen. Das hat ganz einfach damit zu tun, dass die Stammdaten zur Liegenschaft und zum Vertragspartner ja bereits erfasst sind. Der Luzerner Bankexperte rechnet damit, dass solche standardisierten Geschäfte im Bereich der Hypothekarverlängerungen in fünf Jahren auf einen Marktanteil von rund 10 Prozent kommen. «Wer aber zum ersten Mal Wohneigentum erwirbt, wird die Finanzierung wohl auch in Zukunft kaum an einem Sonntagnachmittag über den Computer oder das Smartphone von zuhause aus unter Dach und Fach bringen», so die Einschätzung von Andreas Dietrich.

«Wer zum ersten Mal Wohneigentum erwirbt, wird die Finanzierung wohl auch in Zukunft kaum an einem Sonntagnachmittag über den Computer oder das Smartphone von zuhause aus unter Dach und Fach bringen.»  Professor Andreas Dietrich, Leiter Finanzinstitut IFZ an der Hochschule Luzern.
«Wer zum ersten Mal Wohneigentum erwirbt, wird die Finanzierung wohl auch in Zukunft kaum an einem Sonntagnachmittag über den Computer oder das Smartphone von zuhause aus unter Dach und Fach bringen.»

Professor Andreas Dietrich, Leiter Finanzinstitut IFZ an der Hochschule Luzern.

«Meilensteine»: Auf Fachwissen zurückgreifen
Philipp Betschart von der Schwyzer Kantonalbank sieht dies ähnlich: Er ist überzeugt, dass sich der Online-Kanal und die Beratung in einer Bankfiliale ideal ergänzen: «Wir stellen fest, dass beim Erstkauf und bei komplexen Fragestellungen die Bankfiliale wesentlich begehrter ist.» Im persönlichen Gespräch würden das Wissen und die Marktkenntnis der Kundenberater mit einfliessen. Wichtig ist dem Leiter Finanzierungen der Schwyzer Kantonalbank, «gemeinsam mit dem Kunden optimale Lösungen» zu finden. «Durch das weitläufige und in den letzten Jahren nicht einfacher gewordene Finanzumfeld ist die Materie für viele Kunden schlicht zu komplex», ergänzt Philipp Betschart. Aus der Praxis stellen die Finanzierungsexperten der Schwyzer Kantonalbank fest, dass bei vielen «Meilensteinen» im Leben eines Hauseigentümers der Wunsch aufkommt, sich auf solides Fachwissen verlassen zu können. Seien dies Themen wie Renovationen, Familie und persönliche Vorsorge, später die Pensionierung oder Gedanken zu einem Verkauf der Liegenschaft.

Online-Plattformen: Mehr Konkurrenz
Auf Seite der Anbieter im Hypothekargeschäft trägt die Digitalisierung aber zu mehr Transparenz bei – und auch zu verschärfter Konkurrenz. «Neue Plattformen im Internet erleichtern manchen Darlehensgebern den Zugang zu Hypothekarkunden», sagt Florian Schubiger, Vorsorge- und Finanzierungsberater bei VermögensPartner in Zürich. Auf neuen Plattformen wie zum Beispiel hypotheke.ch finden sich Angebote von Pensionskassen, also Nicht-Banken. Sie betreiben kein Filialnetz, bieten aber den Vorteil einer sehr güns-tigen Kostenstruktur.

Experten wie Professor Dietrich betätigen, dass die Margen der Banken unter Druck seien (das heisst vereinfacht gesagt: Der Kostenanteil der Banken für Vertrieb, Verwaltung, Risiko etc. sinkt). Das hat aber nur zum Teil mit der Digitalisierung zu tun. Einen wesentlichen Anteil dabei hat die Tatsache, dass die neuen Vertriebs- und Wachstumsmöglichkeiten immer mehr Hypothekenbroker auf den Plan rufen. So sind in wenigen Jahren einige Vermittler neu in den Markt eingestiegen, die sich als Broker profilieren: Sie ermöglichen eine transparente Auswahl an Finanzierungsprodukten von unterschiedlichen Darlehensgebern wie Banken, Versicherungen und Pensionskassen. Dank der Digitalisierung ist es leichter geworden, solche Vergleichsmöglichkeiten auszuspielen und auf dem Markt zu etablieren.

«Dank Online-Plattformen haben neue Anbieter Zugang zum Hypothekar-markt, die eine sehr vorteilhafte Kostenstruktur aufweisen.»  Florian Schubiger, VermögensPartner, Zürich.
«Dank Online-Plattformen haben neue Anbieter Zugang zum Hypothekar-markt, die eine sehr vorteilhafte Kostenstruktur aufweisen.»

Florian Schubiger, VermögensPartner, Zürich.

Viele Experten wie Andreas Dietrich gehen davon aus, dass aber gerade die klassischen Hypothekarbanken der Schweiz (Regionalbanken, Raiffeisen, Kantonalbanken, regionale Sparkassen etc.) weiter stark auf ihr eigenes Filialnetz bauen werden. Denn immerhin sind ja genau diese Kompetenz und «Kundennähe» wesentliche Faktoren, um sich von anderen abzuheben. «Vorsorge, Finanzplanung und eben auch die Finanzierung von Wohneigentum gelten insofern als beratungsintensive Dossiers, die auch in Zukunft zu einem grossen Teil über persönliche Gespräche geregelt werden», sagt Andreas Dietrich. Es ist derzeit auch kaum denkbar, dass die Finanzierungsberatung schon bald durch Chatbots, digitale Videokonferenzen oder Ähnliches ersetzt werden kann. Schon heute ist es aber oft Standard, dass der Kundenberater digitale Hilfsmittel in der Beratung einsetzt – etwa Simulationen von Finanzierungen, von Zinsen und Kosten, Visualisierungen, Renovationsrechner etc.

Fazit
Um möglichst vielen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, setzen vielen Banken auf solche «hybriden» Beratungsmodelle. Fundierte Beratung in Kombination mit modernen elektronischen Hilfsmitteln sei zukunftsfähig, betont Philipp Betschart von der Schwyzer Kantonalbank. Sein Fazit dazu lautet: «Dennoch sind wir bei der SZKB überzeugt, dass es bei vielen Anliegen Ansprechpersonen vor Ort braucht, um einen vertrauensvollen Austausch zu gewährleisten.»

Text: Jürg Zulliger
aus: Häuser modernisieren, Ausgabe 1/2021

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