Angesichts stark gestiegener Energiepreise wächst das Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energien. Digitale Energiemanager sorgen für hohe Effizienz.
Nur ein leistungsfähiges Energiemangement erfasst sämtliche Energieströme eines Haushalts. Solar Manager
Mit der App kann jederzeit und von überall auf die Kennzahlen der Solaranlage und die Hausverbrauchsdaten zugegriffen werden.
Bei guter Planung lässt sich auch das E-Auto über die Wallbox mit Solarstrom laden.
Die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien ist ein wesentlicher Bestandteil der «Energiestrategie 2050» mit dem Ziel, unabhängig von importiertem Öl und Gas zu werden und die Treibhausemissionen zu verringern. Bis dahin gibt es noch viel zu tun. So registrierte das Bundesamt für Statistik, dass im Jahr 2021 in der Schweiz fast 60 Prozent aller Wohngebäude mit den fossilen Energiequellen Heizöl und Gas beheizt wurden. Zum Vergleich: 17 Prozent der Gebäude waren mit Wärmepumpen ausgestattet. Das klingt zunächst nach wenig, doch die Anteile verschieben sich, nicht zuletzt durch den russischen Überfall auf die Ukraine, zugunsten der Wärmepumpe. Im Jahr 2022 wurden laut Fachvereinigung Wärmepumpe Schweiz FWS mehr als 41 000 Wärmepumpen verkauft – fast ein Viertel mehr als im Jahr zuvor.
Wärmepumpen beziehen Umweltwärme aus der Luft, dem Grundwasser oder dem Erdboden und geben sie – idealerweise über eine Fussboden- oder Wandheizung – an die Wohnräume weiter. Für den Betrieb brauchen sie ordentlich Strom. Diesen aus dem Netz zu beziehen, kann je nach Energieeffizienz des Hauses teuer werden. Deshalb ist in den letzten Jahren die Kombination mit einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) immer beliebter geworden, um die Wärmepumpe mit Sonnenstrom zu versorgen.
Strom und Wärme in einem
Der Haken an der Sache: Die Sonne scheint nicht jeden Tag gleich stark, und Heizwärme wird überwiegend dann gebraucht, wenn es dunkel ist. Deshalb ist in den letzten Jahren der Einbau eines Batteriespeichers fast Standard geworden. Dieser puffert den Energieertrag der PV-Anlage und gibt ihn bei Bedarf an die Wärmepumpe und an die Stromverbraucher im Haushalt weiter. Gibt es nach deren Versorgung immer noch einen Stromüberschuss, kann dieser ins Netz geleitet werden, wofür es ein Entgelt vom Energieversorgungsunternehmen gibt. Vorteil der Anordnung PV-Anlage-Wärmepumpe-Batteriespeicher: Die Produktion von Strom und die Produktion von Wärme gehen Hand in Hand («Sektorkopplung»).
Von dieser Energielösung profitieren auch Haushalte, die ein Elektroauto haben. Und das werden laut Bundesamt für Statistik immer mehr. So waren von den 2022 neu zugelassenen 229 403 Pkw 17,7 Prozent, also mehr als 40 000 Fahrzeuge, Stromer. 2021 hatte der Anteil der Elektroautos noch bei 13,2 Prozent gelegen. Der Touring Club Schweiz TCS schätzt, dass bis 2035 50 bis 60 Prozent aller Personenwagen Steckerfahrzeuge sein werden.
PV-Anlage, Wärmepumpe, Batteriespeicher, Fussbodenheizung, Ladesäule fürs E-Auto, Kopplung ans öffentliche Stromnetz – Energiesysteme sind komplex geworden. Wer koordiniert und steuert diese Komponenten? Butler James wäre sicher not amused, sich auch darum kümmern zu müssen. Doch er und alle Hausbesitzer können beruhigt werden: Es gibt verschiedene Angebote des Energiemanagements, die für eine möglichst grosse Effizienz sorgen.
Das Energiemanagement
Zum Teil bieten die Wärmepumpenhersteller selbst entsprechende Systeme an. So hat zum Beispiel die Firma Viessmann Mitte März auf der Messe ISH ein «Energy Management» vorgestellt, das über Smartphone oder Tablet allerlei Energieflüsse anzeigt. So erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher eine Live-Ansicht, wie viel Strom gerade erzeugt und verbraucht wird, wie der Ladestand des Batteriespeichers ist. Angezeigt wird auch, wie hoch der Eigenverbrauch an Strom ist, wie viel Netzstrom bezogen wird. Daraus errechnet das System den Grad der Autarkie. Auch über die Menge der CO2-Emissonen und die erreichte CO2-Einsparung erhalten Kunden Informationen. Natürlich bieten Viessmann und andere Hersteller ein solches Energiemanagement für Verbraucher an, die die entsprechenden Geräte und Systeme des Anbieters kaufen und installieren lassen.
Verknüpfung mit Smarthome
Einen anderen Einstieg ins Energiemanagement offeriert die Firma Hager, die aus dem Bereich Hauselektrik und Smarthome kommt. Hager bietet das System «flow» an, das aus einem Energiespeicher (Wechselrichter, Batteriewandler, Batteriemodule in einem Gehäuse) besteht sowie aus dem Energiemanager, der im Zählerschrank verbaut wird. Das System sorgt für die Speicherung des Solarstroms und die Verteilung an die jeweiligen Verbraucher. Seit Anfang Mai kann auch die E-Auto-Ladestation «Witty Solar» an das System angeschlossen werden. Unter anderem sorgen eine Zeitplanerfunktion und eine Phasenumschaltung dafür, dass der Ladevorgang möglichst mit Eigenstrom vonstatten geht.
Hager hat auch ein Smarthome-System im Portfolio, das auf dem KNX-Standard basiert. Dabei handelt es sich um eine Technologie, die nicht wie viele andere per Funk funktioniert, sondern über Kabelleitungen, die parallel zur Elektroinstallation verlegt werden. Mit dem KNX-System lassen sich zum Beispiel Funktionen wie Licht, Storen, Überwachungskameras und Heizung regeln. Der erwähnte Energiemanager «flow» lässt sich in das Hager KNX-System integrieren. Über die «domovea»-App haben Anwender dann eine Bedienoberfläche für alle angeschlossenen Funktionen.
Eine App zur Energieoptimierung
Als sich Andreas Kuhn für ein eigenes Bauvorhaben mit dem Thema PV-Anlage und Energiemanagement beschäftigte, sagten ihm die vorhandenen Lösungen nicht zu. Aus der Überzeugung heraus, dass ein System nicht alle Funktionen gleich gut bedienen kann, entwickelte er die App «Solar Manager» und gründete die gleichnamige Firma dazu. Ihm ging und geht es darum, Kunden ein Energiemanagement anzubieten, das herstellerübergreifend Eigenverbrauchsoptimierung von Solarstrom, E-Mobility und Lastmanagement ermöglicht. Damit haben Kuhn und sein Team grossen Erfolg, wie die Expansion des Unternehmens zeigt.
Ein aktueller Schwerpunkt von Solar Manager ist das bidirektionale Laden in Verbindung mit dem E-Auto. Das bedeutet, das Auto kann nicht nur mit (Solar-)Strom beladen werden, sondern umgekehrt auch Strom für Verbraucher im Haushalt zur Verfügung stellen. Damit wird die Autobatterie zum Stromspeicher fürs ganze Haus. In der Konsequenz wird dann je nach Auslegung ein klassischer Batteriespeicher überflüssig.
Das Auto als Stromspeicher
Dem bidirektionalen Laden gehört auch in den Augen des TCS die Zukunft. So hat der Club im März eine 20-Prozent-Beteiligung an dem Startup sun2wheel erworben, das nach TCS-Angaben Marktführer in der Sparte bidirektionales Laden und Speichern ist. Spätestens ab 2024 würden die Hersteller von E-Fahrzeugen und Ladestationen in ganz Europa die seit 2022 gültige ISO-Norm 15118-20 für die Regelung der Kommunikation zwischen den E-Fahrzeugen, Netz und Ladestation anwenden. Durch ein Software-Update könnten die meisten Autos dann auf die bidirektionale Nutzung umgestellt werden.
Sowohl der TCS als auch die Firma Solar Manager möchten gerne noch einen Schritt weitergehen und die gemanagten Stromflüssen mit dem öffentlichen Stromnetz verbinden («verhicle to grid» genannt). «Das wäre extrem sinnvoll», betont Andreas Kuhn. «Mit den Autos wäre ein Speicher vorhanden, um das Netz zu stabilisieren, vergleichbar einem Pumpspeicherkraftwerk. Dort kann ich auch mehr oder weniger Strom ins Netz geben.» Kuhn ist allerdings skeptisch in Bezug auf eine zeitnahe Realisierung. «Es ist komplex, das wird noch dauern.»
Für die Heizungs- und Lüftungskomponenten wurde hier eine platzsparende Lösung geschaffen.
Vernetztes Energiemanagement hilft Energie sparen und sorgt für niedrige Heizkosten.
Text: Joachim Hoffmann
aus dem Magazin: Das Einfamilienhaus, Zeitschrift Nr. 3/2023