Das Heizen mit erneuerbaren Energien erhält durch die Energiekrise neuen Schub. Das ist gut fürs Klima, stellt Firmen und Bauherrschaften aber vor Herausforderungen. Doch trotz langer Lieferzeiten muss niemand im neuen Eigenheim frieren.
Wer heute ein Haus baut, wählt meistens eine Wärmepumpe. Über 70 Prozent
der zwischen 2011 und 2021 erstellten Wohnbauten heizen auf diese
Weise. Der Vorteil liegt auf der Hand: Wärmepumpen nutzen kostenlose
erneuerbare Energie aus der Luft, dem Erdreich oder aus Wasser. Die
Energiekosten sind niedrig, die Treibhausgasemissionen ebenfalls, wenn
der für den Betrieb notwendige Strom aus erneuerbaren Quellen stammt.
Die Nachfrage steigt
Mit
der Energiekrise hat die Nachfrage nach Wärmepumpen stark angezogen.
Das spürt auch die Ait Schweiz AG, Generalimporteurin der
Wärmepumpenmarken Alpha Innotec und Nibe. «Die Zuwachsraten wären noch
höher, wenn einerseits die Installations- und Bohrfirmen über weitere
Kapazitäten verfügten, und andererseits die Hersteller von Wärmepumpen,
Speichern und weiteren Komponenten nicht nach wie vor unter stockenden
Lieferketten leiden würden», präzisiert Michael Ruiz, Mitglied der
Geschäftsleitung von Ait Schweiz und Verkaufsleiter Alpha Innotec.
Obwohl
die Hersteller ihre Kapazitäten ausbauen, landen viele Kunden auf der
Warteliste. Wie lange sie warten müssen, hängt unter anderem vom
Wärmepumpentyp ab, aber auch von weiteren Systemkomponenten. «Den
grössten Engpass gibt es derzeit bei Warmwasserspeichern und Boilern»,
gibt Markus Schlageter zu Protokoll. Er ist Mitglied der
Geschäftsleitung und Leiter Marketing bei Elco.
Unsichere Lage
Prognosen
seien schwierig, doch eine völlige Entspannung der Lage sei leider
nicht so bald zu erwarten, heisst es in der Branche einstimmig. Dies
gilt sowohl für die Lieferzeiten als auch für die Preisentwicklung. Denn
die seit der Corona-Pandemie gestörten Lieferketten, der Ukrainekrieg
und schliesslich die auch international sprunghaft gestiegene Nachfrage
nach Wärmepumpen führten auch zu Engpässen bei den Rohstoffen und zu
mehrmaligen Preissteigerungen.
Eine erhöhte Nachfrage und längere
Lieferzeiten betreffen indes nicht nur Wärmepumpen. «Abgesehen von
Holzheizungen sehen wir in allen Bereichen eine angespannte Lage der
Verfügbarkeiten», sagt Michael Heckner, Leiter Sales Support &
Marketing bei der Hoval AG. Als Komplettanbieterin stellte Hoval
gegenüber den Vorjahren eine klare Abkehr von fossilen Brennstoffen und
eine starke Zunahme bei der Nachfrage nach Heizungen mit erneuerbarer
Energie fest. Neben Wärmepumpen liegen Fernwärme und Biomasse wie
Pellets bei Hauseigentümern hoch im Kurs, auch Solarthermie erlebt einen
Aufschwung. Zudem wird die Kombination von Wärmepumpe und Photovoltaik
immer beliebter, wie auch Markus Schlageter von Elco bestätigt.
«Die Zuwachsraten wären noch höher, wenn die Hersteller von Wärmepumpen nicht nach wie vor unter stockenden Lieferketten leiden würden.»
«Abgesehen von Holzheizungen sehen wir in allen Bereichen eine angespannte Lage der Verfügbarkeiten.»
Wärme aus der Ferne
Aber ist eine Wärmepumpe tatsächlich
heute im Neubau gesetzt? Judith Kneubühl-Wydler, Leiterin der
Energieberatung Kanton Zug, rät Bauherrschaften, zunächst einen
Fernwärmeanschluss zu prüfen. Damit gelangt die Wärme über ein
Rohrleitungssystem ins Haus, wo sie über eine kompakte Übergabestation
verteilt wird. Die Wärme kann aus verschiedenen Quellen stammen,
beispielsweise Abwärme von Kehrichtverbrennungsanlagen oder
industriellen Prozessen, Seewasser oder Holzschnitzeln, aber auch von
öl- oder gasbetriebenen Wärmeerzeugern, die in einigen Wärmeverbunden
zur Spitzenlastabdeckung hinzugeschaltet werden.
Um die
Wärmeerzeugung, das Netz und allfällige Störungen kümmert sich der
Betreiber, Fernwärme gilt daher als Sorglospaket. Der Preis variiert je
nach Betreiber und Wärmesystem. Fernwärme ist allerdings nicht überall
verfügbar. Wegen des aufwendigen Verteilsystems und der Wärmeverluste
beim Transport lohnen sich Wärmenetze vor allem dort, wo ein hoher
Wärmebedarf vorhanden ist, etwa in dicht bebauten Gebieten, in denen
sich viele Verbraucher auf engem Raum befinden.
Wärmenetze
werden derzeit vielerorts aus- oder neugebaut. Ist am zukünftigen
Wohnort ein Netz im Bau oder geplant, das aber erst nach Bezug des neuen
Hauses fertiggestellt sein wird, lohnt es sich trotzdem, den Betreiber
zu kontaktieren. «Ist dieser am Anschluss interessiert, wird er eine
Übergangslösung vorschlagen», erklärt Judith Kneubühl-Wydler. Gibt es
keine solche Lösung, sei es sinnvoll, alles so vorzubereiten, dass das
Haus beim nächsten Heizungsersatz ohne grossen Aufwand an die Fernwärme
angeschlossen werden kann.
«Den grössten Engpass gibt es derzeit bei Warmwasserspeichern und Boilern.»
«Eine gute Planung kostet zwar, aber niedrigere Betriebskosten können das schnell wieder kompensieren.»
Effiziente Erdsonden
Die erste Alternative zur Fernwärme ist für Judith Kneubühl-Wydler die Wärmepumpe. «Ob eine Luft-Wasser- oder eine Erdsonden-Wärmepumpe installiert wird, sollten Bauherrschaften mit einer auf das Gebäude und den Bedarf bezogenen Betrachtung der Lebenszykluskosten entscheiden», so die Energieberaterin. Erdsonden-Wärmepumpen sind äusserst effizient, verursachen aber auch die höchsten Investitionskosten. Das liegt vor allem an der Bohrung und der Erdsonde, die je nach Wärmebedarf und Bodenbeschaffenheit bis zu 300 Meter tief sein kann. Dort zirkuliert Sole, ein Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel, das die Erdwärme zur Wärmepumpe transportiert. Im Sommer kann man das Haus mit dem gleichen System kühlen. Die in das Erdreich zurückgeführte Wärme regeneriert dann auch gleich die Sonde. Mit 60 bis 80 Jahren haben Erdsonden eine deutlich längere Lebensdauer als Wärmepumpen. Der Heizungsersatz fällt also erheblich günstiger aus. Und dank der Effizienz sind die Energiekosten niedrig, sodass Erdsonden-Wärmepumpen in der Gesamtbetrachtung doch oft preislich attraktiv sind.
Heizen mit Luft
Bohrungen sind bewilligungspflichtig und nicht überall möglich oder erlaubt. Alternativ kommt für die meisten Einfamilienhäuser eine Luft-Wasser-Wärmepumpe infrage. Die Investitionskosten sind niedriger als bei einer Erdsonden-Wärmepumpe, die Energiekosten sind dafür höher. Da die Aussenluft als Wärmequelle dient, schwankt die Effizienz über das Jahr: Im Sommer, bei warmer Aussenluft, arbeiten Luft-Wasser-Wärmepumpen sehr effizient – dann wird hauptsächlich Warmwasser bereitet. Je tiefer die Aussentemperaturen sind, umso mehr Strom benötigt die Wärmepumpe, um die erforderlichen Temperaturen bereitzustellen. Für einen effizienten Betrieb ist daher auch eine niedrige Vorlauftemperatur in der Wärmeverteilung wichtig: In einem gut gedämmten Gebäude mit Fussbodenheizung muss die Wärmepumpe das Wasser im Heizkreislauf auf lediglich 30° C erwärmen. In Altbauten mit Radiatoren sind bis zu 60° C nötig.
Heutige Luft-Wasser-Wärmepumpen arbeiten leistungsangepasst und leise. Geräuschlos läuft der Ventilator, der die Luft ansaugt, allerdings nicht. Den Aufstellungsort muss man daher mit Bedacht wählen, sei er im Haus oder im Aussenraum, damit der Schall weder einen selbst noch die Nachbarschaft stört.
Sparsam sein mit Pellets
Pelletheizungen empfiehlt Judith Kneubühl-Wydler in Neubauten nur, wenn Alternativen fehlen. «Sie sind eher teuer in der Anschaffung und im Unterhalt. Auch ist Holz als Ressource nicht endlos verfügbar», gibt die Energieberaterin zu bedenken. Denn ausgeglichen ist die CO2-Bilanz beim Heizen mit Holz nur, wenn genauso viel Holz nachwächst wie geerntet wird. Zudem stossen auch moderne Pelletheizungen trotz grosser Verbesserungen immer noch Feinstaub aus. In Ballungsgebieten mit ohnehin erhöhten Feinstaubwerten können die Emissionen problematisch sein.
Langfristig denken, sorgfältig planen In der aktuellen Situation raten sowohl die Energieberaterin als auch die Vertreter der Hersteller das Gleiche: frühzeitig planen und Offerten einholen. Und keine Kompromisse aufgrund von Verfügbarkeiten machen, denn ein unpassendes oder falsch dimensioniertes Heizsystem arbeitet kaum effizient und kann langfristig hohe Kosten verursachen. Die korrekte Installation und Inbetriebnahme ist ebenso wichtig. Und zu Beginn steht natürlich eine sorgfältige Planung. «Eine gute Planung mit kompetenten Fachplanern kostet zwar», erläutert Energieberaterin Kneubühl-Wydler, «aber daraus resultierende niedrigere Betriebskosten können das Planungshonorar schnell wieder kompensieren.»
Energiebedarf senken
Wie leistungsfähig – und teuer – die Heizung wird, hängt vom Energiebedarf ab. Die ersten Planungsschritte eines Hauses beeinflussen den späteren Energieverbrauch am stärksten. Dann kann man etwa die Fenster so ausrichten, dass im Winter die Sonne die Räume aufheizt. «Sobald ein Vorprojekt vorhanden ist, können Architektin und Bauherrschaft dieses mit der Energieberatung besprechen», rät Judith Kneubühl-Wydler. Ausserdem solle das Einfamilienhaus immer ganzheitlich betrachtet werden. Heizung, Gebäudehülle und Bewohner im Zusammenspiel beeinflussen den Energieverbrauch.
Text: Katharina Köppen
aus: Das Einfamilienhaus, Heft Nr. 2/23