Elektroautos sind gefragt und geradezu hip geworden. Damit das Fahren aber dauerhaft Spass macht, ist eine häusliche Ladevorrichtung erforderlich. Was dabei zu beachten ist.
Eine geräumige Doppelgarage ist heutzutage fast Standard bei einem
Einfamilienhaus. Denn zwei Autos sind in vielen Haushalten gang und
gäbe. Vielleicht könnte eins davon bald ein E-Auto sein? Oder gar beide?
Das läge durchaus im Trend: Im Dezember 2021 lag der Anteil von
Elektrofahrzeugen an Neuzulassungen bei 32,9 Prozent. Davon waren
wiederum zehn Prozent Plug-in-Hybride, die zusätzlich einen
Verbrennungsmotor haben, und 22,9 reine Batteriefahrzeuge, wie die
Roadmap Elektromobilität 2022 mitteilte, eine Initiative des
Eidgenössischen Departments für Umwelt, Verkehr, Energie und
Kommunikation (UVEK).
Der Touring Club Schweiz (TCS) ist sich
sicher, dass der Anteil an reinen Elektrofahrzeugen von 50 Prozent auf
den Schweizer Strassen wesentlich früher als 2030 erreicht wird, wie
bislang von vielen Experten erwartet. «Vor dem Hintergrund der laufenden
technischen Fortschritte, höheren gesellschaftlichen Akzeptanz und
kontinuierlich grösser werdenden Auswahl an Elektrofahrzeug-Modellen
schreitet die Entwicklung der Elektromobilität schneller voran als
erwartet», heisst es in einer Mitteilung.
Gerne nachhaltig
Inzwischen
gibt es auch eine grosse Auswahl an Stromer-Modellen vom Kleinwagen bis
zum SUV. Und weitere Entwicklungen sind in vollem Gange. So hat Daimler
vor kurzem den Mercedes-Benz «Vision EQXX» vorgestellt, ein
Forschungsauto, das nach Unternehmensangaben mit einer Batterieladung
mehr als 1000 Kilometer weit fahren kann. Das ist in etwa die Entfernung
von Lausanne nach Hamburg oder von Zürich nach Neapel. Weitere
Unternehmen entdecken den Markt des elektrifizierten Fahrens für sich.
So erwägt der japanische Unterhaltungselektronik-Riese Sony, neben
TV-Geräten und Spielkonsolen künftig auch Elektroautos zu bauen.
Bereits
Ende 2020 hatten sich Schweizer Bürgerinnen und Bürger in einer Umfrage
des Instituts Statista positiv zur Elektromobilität geäussert. So gaben
51 Prozent aller Befragten die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen
und 50 Prozent eine höhere Nachhaltigkeit als Vorteil von Elektroautos
an. 32 Prozent waren angetan von der Möglichkeit, das E-Auto zu Hause
aufzuladen.
Autos geladen, Fahrer entspannt
Tatsächlich
ist die Frage nach der Ladeinfrastruktur von immenser Bedeutung, um
nicht plötzlich auf einer Fahrt ohne Saft dazustehen. Diese Gefahr ist
deutlich geringer geworden. Das öffentliche Netz ist laut TCS mit mehr
als 2000 Stromtankstellen, die fast 5000 Ladepunkte bieten, gut
ausgebaut, müsse aber angesichts der stark steigenden Neuzulassungen
stetig erweitert werden. Und wie sieht es mit dem heimischen Auftanken
aus? Hier hat sich viel getan, seit sogenannte «Wallboxen» zu
erschwinglichen Preisen erhältlich sind. Das sind spezielle
Ladevorrichtungen, die, wie der Name besagt, an der Wand montiert und an
den häuslichen Hauptverteiler angeschlossen werden. Laut Energie
Schweiz, einem Programm des Bundesamts für Energie, muss für die
häusliche Ladestation inklusive Montage durch einen Elektriker mit
Kosten von 2000 bis 3000 Franken gerechnet werden.
Auf Leistung und Kapazität achten
Damit
das Laden in einem vernünftigen Zeitraum vor sich geht, kommt es darauf
an, mehrere Faktoren aufeinander abzustimmen. So sollte das E-Auto ein
dreiphasiges Ladegerät an Bord haben. Denn nur dann kann es mit 11
Kilowatt (kW) laden. Das ist die typische Leistung von gängigen
Wallbox-Modellen. Ein Akku mit einer Kapazität von 55 Kilowattstunden
(kWh) wäre dann in fünf Stunden geladen. Verfügt das Auto nur über einen
einphasigen Lader, ist die Leistung auf 3,7 kW begrenzt, auch wenn die
Wallbox 11 kW hergäbe. Der Ladevorgang würde bei einem Akku von 55 kWh
dann fast 15 Stunden brauchen.
Unterwegs soll das Laden möglichst
schnell vor sich gehen. Hierfür sind einige E-Autos zusätzlich mit
einem Schnellladesystem ausgestattet. Inzwischen gibt es an vielen
Stromzapfstellen die Möglichkeit, eine Schnellladung vorzunehmen.
Allerdings wird die Batterie stärker beansprucht als beim «normalen»
Auftanken, sodass diese Funktion nicht regelmässig verwendet werden
sollte. Das ist bei den meisten Fahrerinnen und Fahrern auch gar nicht
nötig. Denn die meiste Zeit stehen Autos. Sie werden nach Angaben von
Energie Schweiz zu 60 Prozent zuhause und zu 20 Prozent bei der Arbeit
geladen. Dort reichen die Zeitfenster in der Regel jeweils gut aus, um
in normaler Geschwindigkeit zu laden.
Mehr Komfort durch intelligentes Laden
Dem
allgemeinen Trend entsprechend lassen sich auch Wallboxen vernetzen und
werden so Teil des Internet of Things (IoT). Das ist zunächst einmal
komfortabel, weil man zum Beispiel per App vom Sofa aus nachschauen
kann, wie weit der aktuelle Ladeprozess vorangeschritten ist. Ausserdem
schalten sich smarte Geräte bei allfälligen Störungen wie Fehlerstrom
und Überhitzung automatisch ab. Manche Wallboxen stimmen den Ladevorgang
auf die sonstigen Vorgänge im Haushalt ab, um die Stromversorgung nicht
übermässig zu beanspruchen. Sind im Haus viele Geräte in Betrieb, zum
Beispiel der Backofen, drosselt die Wallbox unter Umständen die
Ladegeschwindigkeit.
Noch smarter wird es, wenn das Ladegerät
Teil des Energiemanagements des Hauses wird (was nicht allen Typen
möglich ist). Dann ergeben zum Beispiel Photovoltaik-Anlage, Wärmepumpe,
häusliche Speicherbatterie und E-Auto ein koordiniertes System, bei dem
die smarte Steuerung Verbraucher wie Haushaltsgeräte, Lampen oder
Heizung nach einer bestimmten Hierarchie mit selbst erzeugtem Strom
versorgt. Im Idealfall läuft so ein System, ohne dass Hausbesitzer sich
darum kümmern müssen. Sie können aber manuell eingreifen und zum
Beispiel von unterwegs Funktionen überprüfen. Bei allfälligen Störungen
erhalten sie eine Nachricht und können gegebenenfalls eine Fernwartung
beauftragen.
Noch mehr Nachhaltigkeit
Da die
Leistungs- und Aufnahmefähigkeit einer Batterie mit der Zeit nachlässt,
muss sie, wenn nicht ein neues Fahrzeug angeschafft wird, ausgetauscht
werden. Die alte Batterie kann aber noch weiter ihre Dienste verrichten.
Sie lässt sich dann als häuslicher Zwischenspeicher einsetzen, um etwa
zu viel erzeugten Solarstrom zu puffern und bei Bedarf an das E-Auto
weiterzuleiten.
Aktuell bringen die Hersteller Batterien auf den Markt, die «bidirektionales Laden» ermöglichen. Das bedeutet, dass die Autobatterie je nach Bedarf ge- und entladen werden kann. Erzeugt etwa die Photovoltaikanlage einen Stromüberschuss, der im Haushalt nicht verwendet wird, dient der Akku des E-Autos als Pufferspeicher. Bei Schlechtwetter kann der Strom aber auch wieder in die umgekehrte Richtung fliessen und dem Haushalt zugeführt werden. Auf diese Weise wird der Eigenverbrauch des Solarstroms erhöht, dieser muss dann nicht für wenig Geld ins Stromnetz eingespeist werden. Natürlich muss bei dieser Lösung der Fahrbedarf berücksichtigt werden, die Batterie sollte also – auch aus Gründen der Haltbarkeit – nicht komplett entladen. Auch das lässt sich mit der entsprechenden Steuerung regeln.
Alles deutet darauf hin, dass der Siegeszug der Elektromobilität beschleunigt voranschreitet. Bauherren sollten sich darauf einstellen. Auch wenn Sie noch kein E-Fahrzeug besitzen, ist es ratsam, zumindest die Leerrohre für eine spätere Installation in die Garage oder an den Carport legen zu lassen oder gleich einen Anschluss zu legen. Dann kann bei Bedarf eine aktuelle Wallbox jederzeit angeschlossen werden und dem nachhaltigen Fahrspass steht nichts im Wege. Höchstens ein Stau.
Text: Joachim Hoffmann
aus: Das Einfamilienhaus, Nr. 2/2022