Die Anforderungen an den Ersatz von Heizungen sind in den letzten Jahren sukzessive erhöht worden. Auch wenn es für den Moment keine schweizweit einheitlichen Emissionsgrenzwerte gibt, sollte man das Thema Heizungsersatz längerfristig planen – und sich nach dem Stand der Technik richten.
Gebäude sind in der Schweiz für rund 44 Prozent des Energieverbrauchs
und für 24 Prozent der CO²-Emissionen verantwortlich (Zahlen für das
Jahr 2019). Der Ausbau erneuerbarer Energie und die Verbesserung der
Energieeffizienz sind tragende Säulen der offiziellen Schweizer
Energiestrategie 2050. Dabei kommt dem Gebäudesektor und insbesondere
der Sanierung von Altbauten eine grosse Bedeutung zu. Doch welche
technischen und gesetzlichen Anforderungen müssen zwingend erfüllt
werden? Das vom Parlament letztes Jahr revidierte CO²-Gesetz hätte für
die ganze Schweiz einheitliche Emissionsgrenzwerte vorgesehen (maximal
zulässiger CO²-Ausstoss). Für ältere Gebäude hätte dies zur Konsequenz
gehabt, dass konventionelle fossile Energieträger früher oder später
hätten ersetzt werden müssen. Ein eigentlicher Sanierungszwang war aber
nie vorgesehen.
Im Allgemeinen gilt die Regel: Wer die Heizung
ersetzt oder ein Haus neu baut, muss die jeweils geltenden gesetzlichen
Bestimmungen und Mindestanforderungen erfüllen. Die CO²-Vorlage ist
allerdings in der Volksabstimmung im Juni dieses Jahres mit 52 Prozent
Nein-Stimmen verworfen worden. Damit liegt der Lead wieder ganz klar bei
den Kantonen. Wer neu baut oder eine Sanierung vornimmt, muss einen
Energienachweis erbringen und die jeweiligen kantonalen Energie- und
Baugesetze beachten.
Kantone: «Energieeffizienz verbessern»
Rolf
Truninger, Geschäftsführer der Beratungsfirma Qualicasa, vertritt dazu
eine klare Meinung: «Es gibt keinen Anlass, jetzt einfach abzuwarten und
allfällige Massnahmen aufzuschieben. Denn über kurz oder lang werden
auch die Kantone ihre Gesetze sukzessive anpassen.» Bereits die letzte
Ausgabe der oft zitierten Mustervorschriften im Energiebereich (MuKEn)
sieht eine deutliche Verschärfung vor. Olivier Brenner von der Konferenz
kantonaler Energiedirektoren (EnDK) erläutert die längerfristigen
Ziele: «Die Vorschriften der Kantone zielen schon seit 30 Jahren darauf
ab, die Anforderungen an die Gebäude zu erhöhen und die Energieeffizienz
zu verbessern.» Die letzte Ausgabe der harmonisierten
Mustervorschriften sei bereits in 15 Kantonen umgesetzt bzw. in die
kantonale Gesetzgebung aufgenommen worden (siehe Box). «Erneuerbare
Energieträger sind bei Neubauten seit spätestens 2010 schweizweit der
Normalfall», so der Vertreter der Kantone. Bei bestehenden Gebäuden und
Altbauten habe sich der Trend «in Richtung erneuerbare Energieträger
verstärkt». Vor allem in Kantonen, die die Mustervorschriften übernommen
haben, kommt es in rund 80 Prozent der Fälle zu Umrüstungen auf
erneuerbare Energieträger und/oder Verbesserungen der Energieeffizienz:
Darunter fallen vor allem Wärmepumpen, Holzpellets-Heizungen, thermische
Solaranlagen oder ein Anschluss an ein Fernwärmenetz.
Grenzwerte
bei Sanierungen
Ähnlich wie beim Neubau müssen nach MuKEn auch bei
Sanierungen bzw. Erneuerungen bestimmte Zielwerte erreicht werden. So
darf der Wärmeverbrauch von fossilen Energieträgern (Öl, Gas) maximal
90 Prozent betragen, 10 Prozent müssen mit erneuerbarer Energie oder
besserer Wärmedämmung eingespart werden. Manche Kantone wie Freiburg und
Schaffhausen haben diesen Anteil auf 20 Prozent angehoben, Basel und
Neuenburg sogar auf 100 Prozent.
Die kantonalen Bestimmungen bzw.
MuKEn lassen verschiedene Lösungen zu. Diese umfassen sowohl Varianten
mit fossilen Energieträgern (plus kompensatorische Massnahmen an der
Gebäudehülle oder bei der Gebäudetechnik) als auch einen Wechsel auf
erneuerbare Energieträger. Insgesamt existieren elf sogenannte
«Standardlösungen», darunter:
Das
schafft einigen Spielraum für eine individuelle Strategie – abgestimmt
auf das einzelne Gebäude und dessen Zustand, je nach Zielsetzungen und
finanziellem Spielraum des Hauseigentümers.
Bauherrschaft in der
Pflicht
Rolf Truninger von Qualicasa ist überzeugt, dass sich jeder
Hauseigentümer und jede Bauherrschaft im Vorfeld selbst einen gewissen
Plan zurechtlegen muss: «Denn wenn ich mich an einen ganz bestimmten
Unternehmer oder Installateur wende, wird mir dieser Partner ein System
vorschlagen, das standardmässig zu seinem Repertoire gehört.» Letztlich
kann man einer Bauherrschaft aber nicht den Entscheid abnehmen, welche
grundsätzlichen Anforderungen erfüllt sein sollen und welches Raumklima
angestrebt wird. In Sachen Ökologie und nachhaltig bauen setzen die
meisten Leute die Prioritäten unterschiedlich. Hinzu kommt, dass je nach
Eigentumsverhältnissen unterschiedliche Ziele unter einen Hut zu
bringen sind (Alleineigentum oder Miteigentum, Erbengemeinschaft, Ein-
oder Mehrfamilienhaus et cetera).
Entscheidend ist zugleich, wie die
mittel- und längerfristige Planung für andere neuralgische Teile am Haus
aussieht. «Nach meiner Meinung stellt die Gebäudehülle ein zentrales
Element eines Hauses dar, das auch für die längerfristige Werterhaltung
entscheidend ist», so der Experte von Qualicasa. Die Qualität der
Gebäudehülle bestimme den Komfort, die Dauerhaftigkeit und den
Energieverbrauch im Winter. Da wir auch in unseren Breitengraden
eindeutig mehr Hitzetage im Sommer verzeichnen, trägt eine gute
Wärmedämmung zugleich entscheidend zu einem verbesserten sommerlichen
Wärmeschutz bei.
Den passenden Installateur finden
Sobald die gedankliche Vorarbeit geleistet ist, stehen Bauherrschaften vielfältige Anlaufstellen zur Verfügung – etwa die Energieberatungsstellen von Gemeinden und Kantonen (siehe Kasten). Wenn man sich einmal für eine bestimmte Richtung entschieden hat, kommt es darauf an, den für diese Technologie spezialisierten Partner zu finden. Denn es gibt kaum einen gröberen Fehler, als sich den nächstbesten Heizungsinstallateur auszusuchen und sich dann später für ein System zu entscheiden, das gar nicht in dessen Kernbereich fällt. Übrigens: Fragen Sie in der Nachbarschaft! Sehr oft finden sich nebenan Privatpersonen, die die gleiche Aufgabenstellung schon durchexerziert haben. Deren Erfahrungen, Empfehlungen und Referenzen stellen oft eine wertvolle Hilfe dar – jedenfalls für den Fall, dass deren Projekt geglückt ist und alles einwandfrei läuft.
Elemente richtig aufeinander abstimmen
Das Gebäude an sich und die Heizung sollten natürlich aufeinander abgestimmt sein. Bei älteren Gebäuden, deren Fassade, Dach und Fenster noch nicht saniert worden sind, wird eine Umrüstung auf eine Wärmepumpe nur bedingt Sinn machen. Eine moderne Wärmepumpe mit Erdsonde gilt als besonders nachhaltig und über ihre gesamte Lebensdauer betrachtet als wirtschaftlich. Wenn aber die Wärmeverteilung über alte Radiatoren erfolgt und das Haus zugleich schlecht gedämmt ist, bleibt das Stückwerk. Denn eine neue Wärmepumpe wird auf den Ist-Zustand ausgelegt. Wenn Eigentümer später Fenster, Dach oder Fassade erneuern, kann die Wärmepumpe schlicht falsch dimensioniert sein. Dann wird sie permanent bei zu hoher Leistung laufen – dies verursacht sowohl beim Bau als auch im Betrieb unverhältnismässig hohe Kosten. Zugleich erweisen sich die Anlagen bei einer solchen Ausgangslage als allfälliger für Störungen. Ähnliches gilt für Photovoltaikanlagen. Sie sind dann besonders effizient, wenn Technik und Gebäude zusammenspielen. Im Idealfall treibt Strom vom Dach die Wärmepumpe für Heizung und Warmwasser an, die Haushaltgeräte und erst noch das Elektroauto. Wenn auch noch der Warmwasserspeicher gross genug ist, lassen sich Schwankungen der Sonneneinstrahlung besser ausgleichen.
In dicht bebauten städtischen Gebieten und in Schutzzonen sind Wärmepumpen mit Erdsonden oft nicht möglich. Auch mit Luft-Wasser-Wärmepumpen mit einem aussen aufgestellten Split-Gerät sind an städtischen Lagen oft einige Hürden zu überwinden (Ortsbildschutz, Lärm, Einsprachen). Wenn der Standort oder der Zustand des Hauses keinen Spielraum für eine Wärmepumpe lassen, würde sich oft der Einbau einer Holzpellets-Heizung aufdrängen. In vielen Städten wie in Zürich oder Genf ist meist auch der Anschluss an ein Fernwärmenetz eine sinnvolle Alternative. Auch hier gilt: Vor einem definitiven Entscheid braucht es eine gute Analyse und Planung. Wer die Weichen rechtzeitig stellt, trägt entscheidend zu einem zuverlässigen Betrieb, zum Wohnkomfort und zur Werterhaltung der Liegenschaft bei.
Mustervorschriften der Kantone
Jedes Gebäude und jedes Umbauprojekt muss energetische Vorgaben erfüllen. Die Kantone wollen das mit den sogenannten Mustervorschriften im Energiebereich (MuKEn) harmonisieren. Bis jetzt haben 15 Kantone die neueste Ausgabe davon in ihre Gesetze überführt. Die meisten anderen sind auf dem Weg dazu, Solothurn und Aargau haben die Revision abgelehnt.
Zürich und Schwyz haben ebenfalls neue Energiegesetze ausgearbeitet (in Zürich findet die Referendumsabstimmung im November 2021 statt). In den Kantonen UR, GE, AR, BE und ZG befinden sich die Gesetzesrevisionen derzeit in der Beratung der Kantonsparlamente.
Mehr Informationen:
Konferenz Kantonaler Energiedirektoren (EnDK)
Beratungsstellen:
www.erneuerbarheizen.ch
www.geak.ch
www.energiefranken.ch
Text: Jürg Zulliger
aus: Häuser modernisieren, Heft 3/2021