Wer bei der Planung seines Eigenheims die möglichen Heizsysteme prüft, hat die Qual der Wahl. Von der Fernwärme über die Holzheizung bis hin zur Wärmepumpe: Es gibt für jeden Standort eine wirtschaftliche und umweltfreundliche Heizmethode. Die Frage ist nur: Welche ist die richtige?
Rein statistisch ist die Sache klar: Erneuerbare Heizsysteme sind bei Neubauten in der Schweiz mittlerweile Standard. 2019 betrug ihr Anteil gemäss einer Studie von Wüest Partner 95,7 Prozent. Die meisten dieser erneuerbaren Heizungen sind Wärmepumpen, 2019 wurden hierzulande insgesamt 24.000 in Betrieb genommen (Neubau und Umbau) – ein neuer Rekord! Daneben kommen auch Fernwärme und Holzfeuerungen zum Einsatz.
Öl und Gas sind out
Fossile Systeme werden dagegen kaum noch installiert. Das hängt mit der Umsetzung der «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich» (MuKEn) zusammen, wonach bei Neubauten mindestens 20 Prozent der Wärmeversorgung erneuerbar sein müssen. Die MuKEn sind ein von den Kantonen gemeinsam erarbeitetes Paket mit Vorschriften im Gebäudebereich. Sie definieren beispielsweise, welche energetischen Anforderungen bei Neubauten gelten. Die kürzlich verabschiedete Totalrevision des CO²-Gesetzes beinhaltet noch schärfere Vorgaben: Schon in wenigen Jahren dürfen Heizungen in Neubauten gar kein CO² mehr ausstossen. De facto werden Öl- und Gasheizungen damit verboten.
Darüber hinaus sind erneuerbare Heizsysteme bereits heute aus wirtschaftlicher Sicht attraktiver. Zwar kann eine Öl- oder Gasheizung in der Anschaffung billiger sein als eine erneuerbare Heizung. Blickt man indes auf den gesamten Lebenszyklus einer Heizung und bezieht folglich die Ausgaben für Energie und Unterhalt ein, haben Wärmepumpe und Co. die bessere Bilanz (siehe Grafik). Daher ist es entscheidend, als Eigentümerschaft bei der Wahl des Heizsystems die Gesamtkosten zu berücksichtigen und nicht nur die Investitionskosten.
Der Platzhirsch: die Wärmepumpe
Die Auswahl an erneuerbaren Heizungen ist zwar grundsätzlich gross. In der Realität läuft es aber meist auf die hinaus, welche auch in der Statistik (siehe Grafik) obenaus schwingt: die Wärmepumpe. «Ihre Popularität ist nachvollziehbar, denn sie eignet sich für fast jeden Standort», erklärt Olivier Brenner, stellvertretender Generalsekretär der Energiedirektorenkonferenz (EnDK). Auf dem Land, wo die Siedlungsdichte in der Regel nicht so hoch ist, bieten sich gemäss Brenner Erdsonden-Wärmepumpen an. Sie nutzen Wärmeenergie aus dem Erdinneren und überzeugen im Betrieb mit tiefen Energiekosten. Das Bohren von Erdsonden ist allerdings nicht überall möglich. So können zum Beispiel der Grundwasserschutz oder bereits vorhandene Erdsonden eine Bohrung verhindern. In letzterem Fall – tendenziell in urbanen, dicht besiedelten Gebieten – muss man entweder die Erdsonde regenerieren, indem man ihr im Sommer Wärme zuführt, oder darauf verzichten, weil dem Untergrund sonst zu viel Wärme entzogen wird. Da sich die Bodentemperatur nur langsam erholt, wäre dann schlicht zu wenig Wärme für alle Erdsonden vorhanden.
Kühlen im Sommer als Bonus
Eine Erdsonden-Wärmepumpe bietet überdies den Vorteil, dass man sie im Sommer zur Kühlung eines Gebäudes einsetzen kann. Bei der sogenannten «Freecooling»-Funktion wird Wasser aus der Erdsonde direkt in die Fussbodenheizung geleitet. Da seine Temperatur tiefer ist als jene der Innenräume, nimmt das Wasser Wärme auf und kühlt so die Räume je nach Verschattung um zwei bis vier Grad. «Das tönt nach wenig, kann aber an heissen Sommertagen einen wesentlichen Einfluss auf den Komfort im Haus haben», bestätigt Brenner. Externe Energie benötige das Freecooling für die Umwälzpumpe, was aber lediglich mit Kosten von rund 20 Franken pro Jahr verbunden sei. «Zudem ist der Energieverbrauch deutlich tiefer als bei einem Klimagerät. Das Freecooling überzeugt also auch mit Blick auf die Umwelt.»
Die Alternative für überall
Wenn eine Erdsonde nicht realisierbar ist, lässt sich alternativ eine Luft-Wasser-Wärmepumpe installieren. Wie es der Name verrät, bezieht dieser Wärmepumpentyp die Wärmeenergie für das Beheizen des Gebäudes aus der Luft. Dadurch ist zwar mehr Energie für das Erwärmen auf die Vorlauftemperatur nötig als beim Nutzen der Erdwärme, dafür können Luft-Wasser-Wärmepumpen eigentlich an jedem Standort aufgestellt werden.
Weil sie oft im Aussenbereich aufgestellt werden, galten Luft-Wasser-Wärmepumpen lange Zeit als lästige Lärmquellen und fiese Vorgartenverschandelung. Dieser schlechte Ruf ist heute nicht mehr gerechtfertigt, denn dank Fortschritten bei Technik und Design überzeugen moderne Geräte mit leisem Betrieb und verbesserter Optik. Und: Luft-Wasser-Wärmepumpen sind flexibler geworden. Viele Hersteller bieten sie mittlerweile in Modulen an, sodass sie auch bei knappen Platzverhältnissen aufgestellt werden können. Dadurch eignen sie sich nicht nur für Neubauten, sondern auch für Sanierungen.
Sonnenenergie als Ergänzung
Damit eine Wärmepumpe auch tatsächlich umweltfreundlich ist, muss sie mit erneuerbarem Strom betrieben werden. Für Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer lohnt es sich daher, gleichzeitig eine Photovoltaikanlage zu installieren. Sie können so den benötigten Strom vor Ort selbst zu produzieren und auch für weitere Zwecke nutzen. Eine Alternative dazu ist die Solarthermie, welche die Sonnenenergie in Wärme statt in Elektrizität umwandelt. «Zwar kann eine solche Anlage den Energiebedarf für das Heizen des Gebäudes und des Warmwassers normalerweise nicht alleine decken», sagt Olivier Brenner. «In Kombination mit einer anderen Heizform trägt sie aber zu tieferen Energiekosten bei.»
Die Holzfeuerung: komfortabel und CO²-neutral
Den Restbedarf kann beispielsweise eine Holzfeuerung übernehmen. Die meisten dürften dabei an eine Stückholzheizung denken, wie sie noch bei den Grosseltern in Betrieb war. Das ist natürlich auch heute noch möglich und nicht zuletzt der persönlichen Fitness zuträglich. «Stückholz gibt vier Mal warm: beim Fällen, beim Hacken, beim Schleppen und beim Verbrennen», zitiert Olivier Brenner augenzwinkernd ein bekanntes Bonmot. Heute lässt sich Holz allerdings auch komfortabler als Heizquelle nutzen. Moderne Feuerungen werden mit Pellets oder Holzschnitzeln weitgehend automatisiert betrieben. Der Aufwand ist tief: Solange das Lager gefüllt ist, läuft die Anlage ohne menschliches Zutun.
Auch der Wirkungsgrad von Pellet- oder Holzfeuerungen überzeugt. Trotz des Verbrennens ist Holz übrigens ein CO²-neutraler Rohstoff, denn es gelangt dabei nur so viel CO² in die Atmosphäre, wie davor beim Wachstumsprozess eingelagert wurde. Zudem fördert die Nutzung von einheimischem Holz die Wertschöpfung im Inland und generiert Arbeitsplätze – gerade auch in ländlichen Regionen. Für die Umwelt (und die Gesundheit) bedenklich kann allerdings der Feinstaub sein, der beim Verbrennungsprozess entsteht. Dieser lässt sich durch den richtigen Betrieb aber deutlich reduzieren. «Holzenergie Schweiz» hat zudem ein Qualitätssiegel entwickelt, das strenge Anforderungen bezüglich Lufthygiene, Sicherheit und Energieeffizienz beinhaltet. Eine Liste mit zertifizierten Holzheizkesseln ist auf www.holzenergie.ch abrufbar.
Fernwärme in der Stadt
Schliesslich steht mit der Fernwärme ein weiteres erneuerbares Heizsystem zur Verfügung. Als Energiequelle dienen dabei die Abwärme aus der Kehrichtverbrennung oder der Abwasserreinigung, aber auch Seewasser, Geothermie oder Holz. Fernwärme wird über ein lokales Netz von einer oder mehreren Wärmezentralen zu den einzelnen Immobilien geleitet. Je nach Temperatur des zugeführten Heizungswassers wird die Wärmeenergie direkt oder über einen Wärmetauscher zur Beheizung des Gebäudes und für das Aufbereiten von Warmwasser eingesetzt. Installationen sind kaum nötig und auch bei der Wartung fallen wenig Kosten an.
Für einen wirtschaftlichen Betrieb des Netzes sind möglichst viele Anschlüsse auf wenig Fläche nötig. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Fernwärmenetze insbesondere in städtischen Gebieten entstehen. Wegen der Kosten für die Zuleitung eignet sich Fernwärme gemäss Olivier Brenner eher für grössere Immobilien wie Überbauungen oder Bürogebäude als für Einfamilienhäuser. Wer in einem Quartier mit bestehendem Fernwärmenetz baut, sollte einen Anschluss aber auf jeden Fall prüfen lassen.
Erneuerbare Heizsysteme | |||
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Lösung | Beschreibung | Vorteile | Nachteile |
Wärmepumpe | Nutzt Energie aus ihrer Umgebung, indem sie Wärme aus der Luft, dem Erdreich oder dem Grundwasser bezieht. Sollte mit Ökostrom betrieben werden. | • Nutzt kostenlos verfügbare natürliche Ressourcen • In Kombination mit Photovoltaik kann der Strombedarf klimaneutral gedeckt werden | • Genehmigungen nötig bei Erdsonden (z. B. wegen Grundwasserschutz) • Eher hohe Investitionen (v. a. bei Erdsonden) |
Fernwärme | In der Regel ein Wärmeverbund, der die Abwärme einer ARA, KVA oder erneuerbarer Quellen nutzt. | • Zuverlässige Lösung, stabile Preise • Kleine Installation im Haus, tiefe Wartungskosten | • Effizienzverluste wegen langer Transportwege • Eignet sich eher für Überbauungen als für EFH |
Holzfeuerung | Mit Pellets oder Holzschnitzeln nutzt man eine nachhaltige Ressource: Schweizer Holz ist CO²-neutral. | • Geringer Aufwand dank hohem Automatisierungsgrad • Hoher Wirkungsgrad durch Nutzung moderner Technik | • Platzbedarf für Lagerung der Pellets bzw. Holzschnitzel • Regelmässiges Austragen der Asche erforderlich |
Photovoltaik | Solarzellen auf dem Dach und/oder an der Fassade wandeln Sonnen- strahlen in elektrische Energie um. | • Kann mit Wärmepumpe kombiniert werden • Unabhängig von Anbietern und Strompreisen • Förderung durch die öffentliche Hand | • Schwankende Stromproduktion • Keine kostendeckende Einspeisevergütung mehr (=hoher Eigenverbrauch sinnvoll) |
Solarthermie | Solarkollektoren nutzen Sonnenenergie zur Erhitzung von Wasser (Heizung, Warmwasser). | • kann mit anderen Heizsystemen kombiniert werden | • Schwankende Produktion |
Text: Remo Bürgi, Faktor Journalisten AG
Das Einfamilienhaus, Heft Nr. 2/2021